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„Leben im Ort“ statt ein „Ort zum Leben“

29.10.2009

Quartiersentwicklung im Zuge der Auflösung von Goßeinrichtungen

„Wenn Sie hier sind, weil Sie als oberstes oder einziges Ziel die möglichst lukrative Vermarktung Ihrer Anstalt im Sinn haben, wird Ihnen nichts geboten. (…) Uns bewegt die Frage, was denn aus den Geländen, auf denen früher Anstalt stattfand, heute im diakonischen (…) Sinne stattfinden kann“.   So brachte Joachim Gengenbach, stellvertretender Vorstandsvorsitzender vom Pertheswerk in Münster die Zielrichtung der Fachtagung auf den Punkt, zu der Anfang Oktober rund 50 Teilnehmer aus BeB-Einrichtungen in die Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD) in Mühltal bei Darmstadt gekommen waren. „Das Thema ‚Quartier’ boomt“, stellte Gengenbach zutreffend fest. Denn alle Großeinrichtungen der Behindertenhilfe müssen sich mit der Frage befassen, was aus den Flächen der Anstalt wird, wenn die Wohn- und Betreuungsangebote für Menschen mit Behinderung nicht mehr in Sonderwelten vorgehalten werden, sondern mitten in der Gesellschaft stattfinden.   Die NRD, die sich vor einigen Jahren auf den Weg gemacht hat, ihre Angebote kleinteilig in der ganzen südhessischen Region zu machen, wird 2015 nur noch knapp die Hälfte ihres zwölf Hektar großen Geländes in Mühltal selbst in Anspruch nehmen. Die frei werdende Fläche soll sich zu einem Quartier entwickeln, das eine Vielfalt von Wohnformen, sozialen Angeboten, Dienstleistungen und Gewerbe verbindet und mit der entsprechenden Infrastruktur ausgestattet ist. Dass 24 Stunden vor Beginn der Fachtagung mit dem Abriss des ersten großen Gebäudes auf dem Nieder-Ramstädter Gelände begonnen worden war, unterstrich auch akustisch die Ausführungen der Referenten, die eine gelungene Quartiersentwicklung darstellten   und deren Bedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten aufzeigten.   Cord Sölke, in der Universitätsstadt Tübingen seit zwölf Jahren zuständig für die Konversion von großen Quartieren und Gewerbebrachen, legte überzeugend dar, wie stark Konzepte der Stadtentwicklung sich sozial auswirken. Was in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit der „Charta von Athen“ begann, nämlich die Funktionstrennung und Entflechtung der Stadt, wurde in den 50 Jahren unter dem Leitbild „gegliederte und autogerechte Stadt“ noch intensiviert und wird erst seit den 90er Jahren wieder rückgängig gemacht: Das Quartier als lebendiges Viertel, gekennzeichnet durch Nutzungsmischung, soziale Vielfalt und öffentlich genutztem Raum, kehrt zurück. Quartiere wie das Französische Viertel, das in Tübingen auf einem ehemaligen Kasernengelände in der Innenstadt entstand, wirkt wie ein über Jahrzehnte gewachsenes Viertel, obwohl es in den letzten 15 Jahren neu aufgebaut wurde. Sölkes Empfehlung, bei der Quartiersentwicklung die Fäden selbst in der Hand zu behalten, wurde sinnvoll ergänzt durch den Vortrag von Reinhard Thies, der beim Diakonischen Werk der EKD in Berlin in der Servicestelle Soziale Stadt tätig ist. Thies verwies auf das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“, das seit zehn Jahren existiert und mit dem in ganz Deutschland 500 Programmgebiete in 300 Städten und Gemeinden gefördert werden. Aus der Tatsache, dass die Mittel für die Förderung von den Kommunen selbst bei den Ländern beantragt werden müssen, ergibt sich im Fall der Konversion von Komplexeinrichtungen der sinnvolle „Zwang“, mit den Kommunen eng zusammenzuarbeiten und eine kooperative Stadtteilentwicklung in Partnerschaft von Kommune, Wohnungswirtschaft, freien Trägern der Sozialarbeit, Stadtteilakteuren und Bürgern zu realisieren.   Walter Diehl vom Vorstand der NRD resümierte nach drei Jahren Quartiersentwicklung auf dem eigenen Gelände die wichtigsten Erfahrungen: Andere Quartiersentwicklungen sind hilfreich, aber wir müssen unsere Entwicklung selbst planen und gestalten die Zielplanung muss anpassungsfähig bleiben, eine endgültige Detailplanung ist im Stadium der Konzeptentwicklung kontraproduktiv Der für den Entwicklungsprozess erforderliche Zeitbedarf   wurde unterschätzt Entwicklung und Steuerung erfordern mehr interne Ressourcen als vermutet Die Konversion einer Anstalt ist eine grundlegende Veränderung; nichts bleibt, wie es war die parteipolitische Dimension vor Ort wurde zunächst verkannt Die Gremien des Unternehmens müssen von der Veränderung überzeugt sein und diese unterstützen.   Zweifellos hat die gesellschaftliche Entwicklung, die zur Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung führt, die Einrichtungsträger vor völlig neue Aufgaben gestellt, wie der BeB-Vorsitzende Michael Contys (von Bodelschwinghsche Anstalten Bethel) konstatierte. Die Arbeit ziele nun in eine ganz andere Richtung als jemals zuvor: „Nicht mehr auf die Gestaltung des Zusammenlebens behinderter Menschen in Anstaltsstrukturen, sondern auf das Zusammenleben aller Bürger im Sozialraum von Gemeinden, Quartieren und Stadtteilen.“ Diese neue Rolle entspricht einem   Paradigmenwechsel in der Diakonie, und dieser Rolle sollte die Diakonie aufgrund ihrer historischen Entwicklung auch gewachsen sein. Denn der Theologe Heinrich Bedford-Strohm sagt mit Recht: „E s gibt wenige gesellschaftliche Großorganisationen, die gesellschaftlichen Einfluss haben und gleichzeitig so nah am Menschen sind wie die Kirchen mit ihren diakonischen Einrichtungen.“                                                                         Marlene Broeckers      

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