29.09.2023
Die Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD) hat dazu aufgerufen, die beruflichen Rahmenbedingungen für Heilerziehungspfleger*innen (HEPs) deutlich zu verbessern. Dafür hat sie ein breites Bündnis gegründet, das aus Verbänden, Fachschulen, Einrichtungen und Interessensvertretungen besteht. Gemeinsam nahm man am 27.9.2023 an der Landespressekonferenz teil und demonstrierte anschließend lautstark in Wiesbaden, direkt vor der Staatskanzlei.
Rund 3.000 Heilerziehungspfleger*innen fehlen aktuell allein in Hessen. HEPs begleiten als Fachkräfte in ambulanten oder stationären Wohnangeboten, Rehazentren, Werkstätten, Förderschulen und Kitas beeinträchtigte Menschen, um ihnen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Viele Einrichtungen leiden unter einem eklatanten Fachkräftemangel, so auch die NRD. Am Mittwoch, 27.9., kamen nun 300 Demonstrant*innen aus ganz Hessen auf den Wiesbadener Kranzplatz. Darunter mischten sich nicht nur Heilerziehungspfleger*innen und Menschen mit Behinderung, auch viele Eltern und Angehörige machten lautstark auf den bestehenden Missstand aufmerksam. Aus der NRD reisten rund 40 Demonstrant*innen an, darunter die beiden Vorstände Christian Fuhrmann und Dr. Thorsten Hinz. Auch die Mitarbeitervertretung (MAV) der NRD war vor Ort und hielt fleißig selbst gemalte Plakate und Schilder hoch.
„Hessen braucht HEPs!“, verdeutlicht Bündnis-Initiator und NRD-Vorstand Dr. Thorsten Hinz. „Die Berufsgruppe fällt derzeit leider durch alle politischen Raster und erfährt kaum Unterstützung und Stärkung. Das kann so nicht weitergehen! Wir haben zu wenig Fachkräfte und viel zu wenig Auszubildende in der Heilerziehungspflege. Es können keine neuen Wohngruppen aufgebaut werden, weil wir kein Personal mehr haben. Angehörige warten verzweifelt auf eine Möglichkeit, ihre teils erwachsenen Kinder unterzubringen, die Wartelisten sind lang.“
Schlechte Bezahlung, hohe Zugangshürden
Die Gründe für diesen Missstand sind vielfältig. In Hessen wird die Situation immer prekärer, weil hier die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung im Bundesvergleich sehr hoch sind und gleichzeitig die Dauer der Ausbildung sehr lange ist. In Hessen wie auch bundesweit ist ein mittlerer Bildungsabschluss Voraussetzung, um in die dreijährige HEP-Ausbildung einzusteigen. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern verlangt Hessen für Personen mit mittlerem Bildungsabschluss vor der Ausbildung drei Jahre berufliche Vorerfahrungen oder eine Sozialassistenzausbildung (zwei Jahre). „Sechs Jahre Wegstrecke sind für viele junge Menschen keine attraktive Perspektive, zumal in diesen sechs Jahren kaum ein nennenswerter Verdienst möglich ist! In anderen Bundesländern gelingt der Berufseinstieg deutlich schneller!“, moniert Hinz. HEPs verdienen im Durchschnitt in Hessen als Einstiegsgehalt Brutto Vollzeit zirka 3.100 Euro – zu wenig, um in Ballungszentren bezahlbaren Wohnraum zu finden und für sich und eine mögliche Familie eine Existenz aufzubauen.
Zwar ließ sich kein Politiker und keine Politikerin an einem der zahlreichen Fenster der Staatskanzlei an diesem Mittwoch blicken, dennoch bleibt die Hoffnung, dass die lauten Stimmen an diesem Tag gehört wurden. Die Politik hat eine echte Chance, die Rahmenbedingungen für HEPs zu verbessern – am 8. Oktober sind in Hessen Landtagswahlen.
Weitere Informationen finden Sie unter unserer Kampagnen-Webseite: www.hessen-braucht-heps.de
Auch die Elterninitiative der NRD – der Gesamt-Angehörigen- und Betreuerrat – macht sich für die Heilerziehungspfleger*innen stark. Lesen Sie hier den ausführlichen GABR-Aufruf-Hessen braucht HEPs.
Gemeinsam schaffen wir Teilhabe!
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