07.05.2024
Unsere Welt wird digitaler. Künstliche Intelligenz spielt dabei eine große Rolle. Was bedeutet das für die Arbeit eines Sozialunternehmens und wie geht die NRD mit diesem Thema um?
Alexa, Siri und andere Sprachassistenten sind aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Sie stellen den Wecker, spielen die Lieblingsmusik ab, steuern Smart-Home-Geräte oder planen den Tagesablauf. Intelligente Computerprogramme übernehmen bereits an vielen Stellen Aufgaben in unserem Alltag: Sei es die digitale Ampelsteuerung, ChatBots als persönliche Kundenberater im Internet, das Navi im Auto oder personalisierte Werbung, die uns auf dem Handy Produkte präsentiert, die zu unseren Vorlieben passen. Ob man diese Technik mag oder nicht – sie ist Teil unseres Lebens und sie entwickelt sich ständig weiter.
KI-Anwendungen greifen auf programmierte Datenbanken zurück. Sie berechnen aus den vorhandenen Daten Wahrscheinlichkeiten, um so Antworten auf Fragen geben zu können. Durch bestimmte programmierte Anweisungen (Algorithmen) werden sie im Sinne des maschinellen Lernens auf das Erkennen von Mustern trainiert, um nach dem Ausschlussprinzip sinnvolle Ergebnisse zu liefern. Neuere KI-Anwendungen gehen bereits einen Schritt weiter: Als lernende Systeme erzeugen sie aus vorhandenen Informationen neue Inhalte wie Texte, Bilder, Videos oder Musik. Das bekannteste Beispiel für diese generative KI ist die Sprach-KI ChatGPT, die seit Ende 2022 zur Verfügung steht. Sie ist fähig, das Verhalten von Menschen in Gesprächssituationen zu analysieren. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: ChatGPT liefert Inhalte für Hausarbeiten, Konzepte oder Präsentationen. Lange Texte lassen sich per Befehl (prompt) zusammenfassen oder in beliebige Formate wie Drehbücher oder Redeskripte umwandeln. Das klingt verlockend und ist es auch.
ChatGPT: Nützlich, aber auch riskant
Auch die NRD sammelt Erfahrungen mit KI-Anwendungen. Nahezu alle Geschäftsbereiche nutzen die Sprach-KI ChatGPT als Unterstützung im Arbeitsalltag, zum Beispiel bei der Erstellung von Berichten. Die Personalabteilung und der Bereich Kinder, Jugend und Familie (KiJuFa) nutzen KI-Tools bei der Erstellung von Social Media-Posts. Der Bereich Kommunikation nutzt KI-generierte Bilder für die Medienarbeit. Beim Einsatz solcher Tools ist jedoch immer Vorsicht geboten. So wies das KI-generierte Krippenbild, das in der letzten NRD bewegt veröffentlicht wurde, zahlreiche Fehler in der Darstellung der Figuren auf, die auf den ersten Blick nicht erkennbar waren. Eine Überprüfung ergab, dass KI-generierte Bilder häufig Fehler in der Darstellung insbesondere von Gesichtern und Körpern aufweisen. Auch KI-basierte Texte sind oft nicht fehlerfrei oder entsprechen nicht dem gewünschten Zweck. Diese Erfahrung hat auch Christian Gimbel, zuständig für das Recruiting, gemacht: „Zur Orientierung und als Ideengeber sind KI-Tools durchaus nützlich. Man muss die Ergebnisse aber immer kritisch hinterfragen und überprüfen. Manche Inhalte sind einfach falsch“. Die Qualität der Ergebnisse hängt von der Qualität und der Menge der verfügbaren Daten ab, also von den Informationen, mit denen die KI gefüttert wird. So kennt die neueste Version von ChatGPT inzwischen weltweite Ereignisse bis April 2023.
Für die Rekrutierung internationaler Fachkräfte setzte die Personalabteilung testweise ein KI-basiertes Übersetzungstool zur Ansprache ausländischer Zielgruppen ein. Im Geschäftsbereich Teilhabe startet ein Kooperationsprojekt, bei dem mit Hilfe eines sensorgestützten Assistenzsystems Informationen zum Gesundheitszustand der Klient*innen übermittelt werden können, ohne dass die Mitarbeitenden anwesend sein müssen. Die Daten sollen über die vorhandene Telefonanlage übertragen werden, eine Schnittstelle zur Klientenverwaltungssoftware Vivendi ist ebenfalls angedacht. Auch der Bereich KiJuFa beschäftigt sich mit den Einsatzmöglichkeiten von KI, um die Angebote für Kinder und Jugendliche effizient zu unterstützen, z. B. bei der Kassenabrechnung in den Wohngruppen. Die KI-gestützte Anwendung SUMM AI, die Texte in einfache und leichte Sprache umwandeln kann, wird derzeit in mehreren Bereichen eingesetzt. Die Ergebnisse sind zufriedenstellend, bieten aber keine 100%ige Sicherheit.
Mehrwert durch Entlastung
Daniel Jost, Leiter der IT-Abteilung, sieht im Einsatz von KI einen entscheidenden Schritt für das zukünftige digitale Arbeiten: „KI bietet uns die Möglichkeit, vieles zu hinterfragen, zu vereinfachen und dadurch Zeit für andere Aufgaben zu gewinnen.“ Sprachtools wie ChatGPT sind dabei aber nur ein Baustein von vielen. Große Chancen sieht man in der NRD im Bereich des Wissensmanagements, um Informationen zu Themen und Projekten sinnvoll zu vernetzen und nutzen zu können. Die kürzlich gestartete interne Wissensoffensive „Rückenwind“ könnte davon profitieren. Großes Potenzial haben auch KI-optimierte Arbeitsabläufe, beispielsweise im Dienstplanmanagement. Auch bei der Auswertung komplexer Datenbestände (sog. Big Data) kann KI helfen, um Entwicklungen oder Prognosen abzuleiten. Die Kolleg*innen im ITBereich setzen bereits sogenannte Power Apps ein, um Abfragen in dieser Form durchführen zu können. Besonders im Blick haben sie dabei die KI-basierte App Copilot, die Anwendungen in Microsoft 365 unterstützt.
"Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches
Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren." (Definition des Europäischen Parlaments)
Risiko Datenschutz und Missbrauch
Klar ist, dass für die Integration von KI in Prozesse und Angebote zunächst die Digitalisierung an sich weiter vorangebracht werden muss. Und wie bei allen datentechnischen Themen spielt auch beim Einsatz von KI die rechtliche und ethische Verantwortung eine wichtige Rolle. Jedes Unternehmen ist für die Inhalte verantwortlich, die es kommuniziert. KI-generierte Texte oder Bilder erhöhen die Möglichkeit, Menschen durch bewusst veränderte Inhalte (Fake News) zu manipulieren und zu schädigen. Die Europäische Union hat Anfang 2024 einen ersten Rechtsrahmen verabschiedet, der die Anwendungsbereiche von KI genauer regeln soll, um Risiken und Diskriminierung vorzubeugen. KI in Pflege und Betreuung KI-basierte Assistenzsysteme können Fachkräfte in ihrer täglichen Arbeit entlasten, indem sie beispielsweise bestimmte Aufgaben robotergestützt übernehmen oder den Gesundheitszustand selbstständig überwachen - wie im Pilotprojekt der NRD im Wohnverbund Darmstadt. In Zeiten knapper Personalressourcen sehen viele eine Chance darin, Routineaufgaben durch KI effizienter zu gestalten, um mehr Zeit für die eigentliche Arbeit mit den Menschen zu haben. Die Johannesstift-Diakonie nutzt den Sprachassistenten „voize“, der per Smartphone aufgenommene Pflegedaten direkt in bestehende Dokumentensysteme überträgt und dadurch automatisierte Berichte und Protokolle ermöglicht. KI kann zeit- und ortsunabhängig überall dort helfen, wo Menschen Fragen haben oder einen Gesprächspartner suchen (z. B. in der Seelsorge) und damit auch die Selbstwirksamkeit stärken. Insgesamt bleibt das Spannungsfeld zwischen innovativen Möglichkeiten und potenzieller Gefahren eine Herausforderung.
Gemeinsam schaffen wir Teilhabe!
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