16.05.2025
Wenn an einem Mittwochnachmittag über 20 Vertreter*innen des Polizeipräsidiums Südhessen auf dem Gelände der NRD in Mühltal zugegen sind, stellt sich unmittelbar die Frage: Was ist passiert? Zum Glück gab es am Nachmittag des 14. Mais aber keinen Grund zur Besorgnis. Die Polizistinnen und Polizisten waren zu einer Fortbildung gekommen, die das Polizeipräsidium im Rahmen ihrer Reihe „Verinnerlicht“ gemeinsam mit der NRD veranstaltet hat.
Unter dem Titel „Aussortiert - Leben außerhalb der Gesellschaft“ ging es dabei im Kern um einen Blick in die Geschichte und den damaligen Umgang mit Menschen mit Behinderung.
Dabei begrüßte zunächst Polizeipräsident Björn Gutzeit die Teilnehmer*innen und gab einen Ausblick auf die anstehende Thematik. Er freute sich über die Möglichkeit, den Kolleg*innen diese in Kooperation mit der NRD und vor allem vor Ort näherzubringen. Anschließend übernahm NRD-Vorstand Dr. Thorsten Hinz das Wort, der gemeinsam mit Diakonin Beate Braner-Möhl durch die Veranstaltung führte.
In Vorträgen, in denen sie die interessierten Gäste immer wieder einbanden, blickten sie unter anderem auf die Vergangenheit der NRD und ihre nunmehr 125-jährige Geschichte zurück. Thorsten Hinz ging dabei insbesondere auf Schicksale der Menschen mit Behinderung während der NS-Zeit ein. Allein aus den damaligen „Nieder-Ramstädter Heimen“ seien nachweislich 450 Menschen mit Behinderung deportiert und in Tötungsanstalten wie der Landesheilanstalt Hadamar umgebracht worden.
Beate Braner-Möhl schlug anschließend die Brücke zur heutigen Zeit, indem sie beispielsweise mit den Teilnehmer*innen Aussagen aus der Politik von heute und damals im Hinblick auf Menschen mit Behinderung verglich. Des Weiteren widmete sie sich der Verwendung von Sprache. So fragte sie beispielsweise „Was glauben Sie, wie die Menschen, die wir unterstützen, selbst genannt werden möchten?“ und gab sogleich die eigentlich gut nachvollziehbare Antwort „Sie möchten einfach ‚Menschen‘ sein“. Zum Thema Sprachgebrauch konnten auch die Polizistinnen und Polizisten aus ihrem Alltag berichten. Nicht selten würden sie als „Spasti“, „Behindi“ oder Ähnliches beschimpft. Außerdem gingen sie auch auf den Teil ihrer Arbeit ein, bei dem sie beispielsweise auf Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder aus dem Autismus-Spektrum treffen. Hierbei zeigte sich großes Interesse an der Frage, wie man mit solchen Situationen umgeht, was zugleich den Anlass für weitere gemeinsame Veranstaltungen mit der NRD gibt. Ein entsprechendes Konzept befindet sich bereits im Entwurf. In diesem Zusammenhang konnte der NRD-Fachberater Lars Edelbruck spezielle Fragen dazu beantworten, wie beispielsweise in Krisen- und Gefahrensituationen mit Menschen mit Behinderungen umzugehen ist und wertvolle Hinweise geben.
Auch ein Rundgang über das ehemalige Zentralgelände durfte nicht fehlen. Thorsten Hinz erläuterte, wie die Menschen dort früher gelebt haben und welchen Weg die NRD im Rahmen ihrer Regionalisierung gegangen ist. Während es früher große Einrichtungen gab, in denen Männer und Frauen getrennt gelebt haben, sind es heute kleine, moderne Wohngemeinschaften, in denen die Menschen je nach Bedarf passgenau unterstützt werden – mittenddrin und nicht mehr nur am Rande der Gesellschaft.
Foto: Dr. Thorsten Hinz, Beate Braner-Möhl und Lars Edelbruck mit Vertreter*innen des Polizeipräsidiums Südhessen.
Schon gewusst?
Es war nicht das erste Mal, dass die NRD mit Vertreter*innen des
Polizeipräsidiums Südhessen zusammenarbeitet. Es gab bereits Veranstaltungen
zum Thema „Schutzkonzept -Gegen Gewalt und Missbrauch“.
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