18.02.2025
Moritz lebt seit dem 1. September 2024 in einer WG mit fünf weiteren jungen Menschen. Das Privathaus in Nidderau-Windecken mit einem Garten wurde 2008 behindertengerecht konzipiert. Wir haben die Wohnfreu(n)de Nidderau besucht.
Diana Wieja hat einen Wunsch: ein möglichst autonomes Leben für ihren Sohn Moritz. Der 25-Jährige ist aufgrund eines Geburtshilfefehlers mehrfach schwerstbehindert. Ihrem Wunsch ist sie mit dem Projekt „Wohnfreu(n)de“ einen großen Schritt nähergekommen: Moritz lebt seit dem 1. September 2024 in einer WG mit fünf weiteren jungen Menschen. Das Privathaus in Nidderau-Windecken mit einem Garten wurde 2008 behindertengerecht konzipiert. „Für mein Projekt gab es keinen Plan B“, sagt Diana Wieja.
Die Bewohnerinnen und Bewohner der WG sind außerdem: Alisa (24), Naomi (25), Laurin (25). Luca (27) und Dominik (25) sind seit 1. Februar 2025 dabei. Das Besondere: Die sechs kennen sich seit der ersten Klasse und sind eng befreundet. Alle besuchen Werkstätten bzw. Tagesförderstätten und kommen erst nachmittags nach Hause in die WG. Sie bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit – sowohl in Bezug auf ihre körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen als auch durch ihre Persönlichkeiten und Interessen. Moritz ist fröhlich, gesellig, unternehmenslustig und liebt Bewegung. Laurin ist ein geselliger, hilfsbereiter Typ, der Musik liebt und großer Bayern-München-Fan ist. Alisa ist eine leidenschaftliche Tierliebhaberin, hört gerne Musik und ist immer für ein Abenteuer zu haben. Naomi ist schlagfertig und kommunikativ, sportlich, liebt Musik, Tanzen und Kino. Luca ist ein sozialer und humorvoller Mensch mit einem großen Herz für Pferde. Als Eintracht Frankfurt-Fan und Technikliebhaber kommt er leicht mit anderen Menschen ins Gespräch. Dominik ist bekannt für seine freundliche und zurückhaltende Art. Er hat einen tollen Sinn für Humor. Ausflüge, Musik und Geschichten sind seine Leidenschaft.
Dies erfordert eine flexible und individuelle Betreuung, die durch die NRD / Friedrichsdorfsowie den Pflegedienst Ars curandi übernommen wird. NRD und Ars curandi können aber nicht alles abdecken, was an Hilfeleistungen nötig ist. In diesen Fällen müssen die Familien einspringen, insbesondere Diana Wieja, die eigentlich mit den beiden jüngeren Geschwistern von Moritz in einem anderen Haus in Hanau lebt.
Ein engagiertes Team
Die Suche nach geeigneten Pflegefachkräften war herausfordernd, doch durch Aufrufe über Flyer und Social Media konnte bereits ein kleines motiviertes Team gefunden werden. Zu den Mitarbeitenden gehört die Medizinische Fachangestellte PetraSüßmann, die aus der Nachbargemeinde kommt. „Die Arbeit hier entschleunigt und macht viel Freude. Es ist viel angenehmer als in einem Klinikum“. Auch Regina Brettauer, die einen Monat bei der NRD in Friedrichsdorf eingearbeitet wurde und die Ergotherapeutin Naemi Seidel, die neue Impulse einbringt, sind Teil des Teams. Sie schätzen alle „die wertvolle Arbeit“, die ihnen persönlich viel gibt. Die fünf Mitarbeitenden der NRD binden die Bewohnerinnen und Bewohner der WG soweit wie möglich ein, zum Beispiel bei der allgemeinen Haushaltsführung, beim Kochen etc.. Jeden Abend gibt es ein gemeinsames Angebot, das sich die Mitarbeitenden ausdenken.
Die Kombination der Leistungen aus Teilhabe und Pflege ist ein komplexes Versorgungskonstrukt. „Klassische ambulante Pflege passt hier nicht, da die Pflegekräfte zu einer bestimmten Zeit kommen und unter großem Zeitdruck stehen, was für die Menschen mit Behinderung eine zusätzliche mentale Herausforderung ist. Eine bessere Abstimmung zwischen den Leistungsträgern wäre ideal, um die Betreuung zu optimieren und weniger Bürokratie zu haben“, erklärt Alexander Bergmann, Leitung Wohnverbund Untermain Taunus der NRD.
Projekt mit Vorbildcharakter
Seit 2019 arbeiten die Mütter der sechs jungen Erwachsenen unermüdlich daran, das Projekt „Wohnfreu(n)de“ zu realisieren. Ihr Ziel: ihren Kindern ein möglichst eigenständiges Leben zu ermöglichen. Die Initiative ist ein einzigartiges Beispiel in Deutschland, da sie privat geblieben ist und kein Verein gegründet wurde. Für das Pionierprojekt hat Diana Wieja hart gekämpft und musste viele Hürden bei Ämtern und Behörden bewältigen. Aktuell geht es insbesondere um die Abrechnung der Leistung von Pflege aus einer Hand.
Diana Wieja ist Vermieterin des Hauses und hat Einzelmietverträge mit den Bewohnerinnen und Bewohnern geschlossen. Das Dienstzimmer wird der NRD kostenfrei zur Verfügung gestellt. Sie wünscht sich, dass das Projekt viele Nachahmer findet. „Ich möchte es in die Welt heraustragen – es ist ein gutes Vorbild.“ Was noch fehlt? Ein durch Spenden finanziertes Fahrzeug, mit dem die WG-Bewohnerinnen und Bewohner die Welt noch weiter entdecken können …
Text + Fotos: Martina Noltemeier
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