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Bunter Hund mit gutem Herzen

08.04.2019 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

Bunter Hund mit gutem Herzen

Im Mai wird Willi Klein seinen 69. Geburtstag feiern, und zwar in Offenbach. Dorthin ist er Mitte März umgezogen. 1976 kam der gebürtige Darmstädter in die NRD, seitdem ist er viermal umgezogen. „Es mal wieder so weit, der Willi braucht Tapetenwechsel“, meint sein Bruder Klaus-Dieter Klein, der zugleich sein gesetzlicher Betreuer ist. „Na ja, es sind ja auch schon über zehn Jahre“. Kurz vor dem Umzug sprach Marlene Broeckers in seinem Apartment im Wohnverbund Mörfelden mit Willi Klein.

Er erwartet die Besucherin schon an der Haustür und ruft laut durchs Treppenhaus: „Nicola!“ Und schon ist Nicola Nicin zur Stelle. Der Heilerziehungspfleger ist Willi Keins Bezugsbetreuer und hat einen dicken Ordner dabei, Willis persönliche Akte. Er schaut nach: Am Weltfrauentag, 8. März 1976, wurde Willi in die damaligen „Nieder-Ramstädter Heime“ aufgenommen. „Ich kam zuerst ins Bo-Haus, da wo auch die Krankenstation war“, sagt Willi Klein. Dass in diesem Flur heute der NRD-Vorstand seine Büros hat, findet er zum Schmunzeln. 

„Als die Arche eröffnet wurde, 1982, sind wir dahin umgezogen. Dann bin ich weiter in den Pulvermühlenweg und von da 2007 nach Mörfelden. Renate Hess und ihr Mann Karl-Heinz Köhler, die wollten, dass ich mitziehe nach Mörfelden. Ich habe den beiden immer ein bisschen geholfen, habe für sie eingekauft, zum Beispiel Kartoffelchips oder Gummibärchen. Das habe ich hier auch weitergemacht. Jetzt, wo der Karl-Heinz nicht mehr lebt, mache ich es für die Renate weiter. Wir kennen uns ja schon ewig. Sie kommt auch aus der Heimstätten-Siedlung in Darmstadt, wie ich. Und wir waren zusammen in der Mornewegschule damals, da haben wir noch zuhause gewohnt.“

„Ich will neue Leute sehen“

Und jetzt geht er ohne Renate Hess-Köhler weg nach Offenbach? „Na ja, ich behalte sie ja in der Erinnerung. Und ich hab ihre Telefonnummer. Es ist ja auch nicht so weit.“ Umziehen möchte Willi Klein, weil er sich in seiner Wohnung mehr Ruhe wünscht. In seinem Apartment in Mörfelden nervt es ihn, dass sein Nachbar so oft klingelt: „Er sitzt jetzt im Rollstuhl“, erklärt Willi Klein, „und er ruft die Mitarbeiter immer mit der Klingel. Das höre ich jedes Mal, auch nachts.“ Es gibt aber einen weiteren Grund für den Tapetenwechsel: „Ich kenne hier jetzt alles. Ich will mal neue Leute sehen. Ich ziehe ja jetzt in ein Hochhaus. In ein Einzel-Apartment. Ich will sehen, was es in Offenbach für andere Läden gibt. Ich will sehen, wer da an der Kasse sitzt. Und ich bin auch mal gespannt auf meinen neuen Arzt.“

Probewohnen und Shoppingtour

Willi Klein hat Anfang Februar ein Probewohnen in Offenbach gemacht. Eine Woche lang hat er das Haus in der Gerberstraße kennengelernt, wo die NRD vor vier Jahren sieben Wohnungen unterschiedlicher Größe vom Einzel-Apartment bis zur Sechser-WG für insgesamt 17 Personen erworben hat. Willi Kleins Apartment liegt im 2. Obergeschoss, die anderen Wohnungen im 3. Obergeschoss in verschiedenen Flügeln des Hauses. Sich da zurechtzufinden, wird für ihn kein Problem. Er ist auch in Mörfelden-Walldorf allein zu Fuß, mit dem Bus oder der S-Bahn unterwegs gewesen. Einkaufen kann er jetzt in Offenbach im Supermarkt im Erdgeschoss des Hauses, kochen wird er im eigenen Apartment: „Das mache ich ja hier auch so“. 

Mit Katharina Illemann, Teamleiterin in der Gerberstraße, hat er sich auf Anhieb verstanden, auch die meisten Mitbewohner*innen und einige Mitarbeitende im 12-köpfigen Team hat er schon kennengelernt. Einen Stadtbummel in Begleitung einer Mitarbeiterin hat er in der Probewoche schon gemacht: „Wir waren in einem Spielwaren-Laden, ich habe mal nach den Modellautos geguckt. Und bei Kik habe ich mir einen Pulli mit Totenkopf und eine Motorrad-Hose gekauft.“ Nicola Nicin darf die Sachen vorzeigen, die schon in der Umzugsecke liegen: Den schwarzen Pulli ziert ein Totenkopf in Metallic-Blau, die Hose ist ein modisches Teil in Lederoptik. Willi Klein wird darin sehr cool aussehen, zumal er auch noch eine passende schwarze Lederjacke besitzt. 

Lust am Verkleiden

Modellautos sind eines seiner Hobbys. Er kauft sie aus Metall und baut sie um. Wenn eins kaputtgeht, schlachtet er alle Teile aus und baut sie mit Alleskleber in andere Fahrzeuge ein. Ein weiteres Hobby sind Kleider, und zwar auch Damenkleider. Manchmal hat er Lust, sich zu verkleiden. Nicht nur in der Fastnachtszeit, aber dann geht es besonders gut. Er erinnert sich an die Zeit, als er in Nieder-Ramstadt im Pulvermühlenweg wohnte. „Da ging es auf Fastnacht zu. Ich habe mir einen Minirock und einen BH angezogen und bin so auf die Straße. Ein kleines Mädchen aus der Nachbarschaft ist stehengeblieben und hat mich angeguckt. Dann hat sie gesagt, ich soll mal warten. Sie ist ins Haus gelaufen und hat Schminkzeug geholt und hat mich geschminkt. Ihre Mutter stand in der Tür und hat alles gesehen. Die hatte nichts dagegen. Die hat mich dann sogar fotografiert. Die hat gemerkt, dass ich ein gutes Herz hatte. Und das habe ich ja immer noch.“

Ja, Willi Klein hat einen eigenen Kopf und ein gutes Herz. Er zeigt auf den riesigen Plüschbären in der Umzugsecke. „Der große, starke Bär da, der ist für die Sina in Offenbach. Die kann nicht gehen und nicht sprechen. Ich habe ihr nach der Probewoche auch ein Geschenk dagelassen. Meinen Schlüsselanhänger habe ich in die Schale gelegt, wo die kleinen Sachen drin sind, mit denen sie spielt.“

Dass Willi Klein nach Offenbach ziehen konnte, ist schön. Dank der vielen verschiedenen Wohnangebote, die die NRD im Zuge der Regionalisierung schon aufgebaut hat, kann er im Rentenalter nun auch einmal in der Großstadt wohnen. Er interessiert sich nämlich für die große, weite Welt und ihre vielen Menschen. Mit der Lebenshilfe Worms hat er schon etliche weite Reisen unternommen. Er war in Florida, auf Kreuzfahrt im Mittelmeer und in Ägypten. Dort hat er die Pyramiden gesehen und eine Fahrt auf dem Nil gemacht. „Wo ich gern noch hin will, das ist Mexiko. Aber da muss ich dafür sparen, so eine Flugreise, das kostet ja was.“

Zum Foto vor dem Haus zieht Willi Klein eine schicke Funktionsjacke in militärischem Grün an und auf den kahlen Kopf setzt er seine rote Basecap. „Willi Hundeprofi“ hat er darauf sticken lassen, denn auch mit Hunden kann er gut. „Er kennt jeden Hund hier in der Umgebung“, lacht Nicola Nincin. Klar, Willi Klein ist ja selbst einer. Ein bunter Hund mit gutem Herzen.

Foto: Für das Probewohnen in Offenbach hat Willi Klein ein ganz besonderes Kleidungsstück eingepackt. Mit Teamleiterin Katharina Illemann verstand er sich auf Anhieb.

Zimmer frei in Offenbach

In den NRD-Wohnungen in der Gerberstraße in Offenbach sind noch Zimmer frei. Das Angebot ist geeignet für Menschen, die etwas anderes suchen als das klassische Wohnheim. Die sieben Wohnungen der NRD sind verteilt auf 3 Stockwerke, die Mitarbeitenden leisten aufsuchende Assistenz. In den NRD-Wohnungen in der Gerberstraße leben derzeit Menschen mit unterschiedlichem Hilfebedarf zwischen 20 und 60 Jahren. Tagsüber besuchen sie die Hainbachtaler oder die Praunheimer Werkstätten, eine Bewohnerin arbeitet bei der Cook-Company, einem Inklusionsbetrieb in Frankfurt. Die regulären Dienstzeiten der Mitarbeitenden sind von 6 bis 11 Uhr und von 13 bis 21 Uhr. Während dieser Zeiten sind immer zwei bis drei Mitarbeitende anwesend. Die Nachtbereitschaft beginnt um 21 Uhr. 

Interessierte wenden sich an::

Bunter Hund mit gutem Herzen

Tanja Tandler

Wohnverbund Untermain-Taunus
Leitung

c/o Sleeves up // Eschborner Landstraße 42-50, Haus B, 3. OG
60489  Frankfurt a. M.
0151 168 857 19
tanja.tandler@nrd.de

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