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Der Wohnverbund Dieburg entsteht neu

14.02.2017 | Marlene Broeckers

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Marlene Broeckers

Texterin der NRD

Der Wohnverbund Dieburg entsteht neu

Schon beim Übergang der „Behindertenhilfe Dieburg e.V.“ an die NRD vor zwei Jahren war es klar, dass umfangreiche Veränderungen im Wohnbereich anstanden. Die Wohnhäuser Auf der Leer, in denen momentan 32 Menschen leben, genügten den Brandschutzbestimmungen nicht mehr und nur durch zusätzlichen Personaleinsatz konnte die sofortige Schließung aufgeschoben werden. Inzwischen sind umfassende Veränderungen im Gang: Der Wohnverbund Dieburg entsteht ganz neu. Was passiert und wie bereiten sich die 35 Mitarbeitenden auf die nahe Zukunft vor?

Im Ostkreis von Darmstadt-Dieburg baut die NRD einen neuen Wohnverbund mit rund 50 stationären Plätzen auf. Die Häuser am Standort Auf der Leer müssen abgerissen werden, dort wird ein Neubau für 16 Personen entstehen. Die übrigen ziehen um nach Groß-Zimmern, Babenhausen oder in bereits bestehende Angebote.

Bettina Grünewald, die den Wohnverbund seit dem vergangenen Mai leitet, strahlt angesichts ihrer großen Aufgabe eine angenehme Ruhe und Zuversicht aus. In ihrem Büro, untergebracht in einem der wie Ferienhäuser anmutenden vier Gebäude Auf der Leer 24 in Dieburg, hängen Pläne von Babenhausen, Groß-Zimmern und Dieburg an den Wänden. Schon viele Mitarbeitende waren zu persönlichen Gesprächen dort und haben mit Bettina Grünewald ihre Perspektiven besprochen: „Nicht alle freuen sich auf die Veränderung“, sagt die Sozialpädagogin, die seit 1992 zur NRD gehört. „Es ist ähnlich wie vor zwölf Jahren in Mühltal. Auch da gab es KollegInnen, die es kaum erwarten konnten, anders zu arbeiten, und solche, die lieber an vertrauten Verhältnissen festhalten wollten.“ Grünewald setzt darauf, das reichhaltige Know-how des Unternehmens zu nutzen. Und sie kennt als gebürtige Groß-Umstädterin auch Land und Leute im Ostkreis von Darmstadt-Dieburg.

Anders als zu Beginn der Regionalisierung verfügt die NRD heute schon über reichlich Erfahrungen mit dem Aufbau kleinteiliger Wohnangebote und der Normalisierung von Lebensumständen. So werden in den so genannten Talks (Gesprächen), zu denen Bettina Grünewald gemeinsam mit Fachberaterin Andrea Scharle einlädt, als Gäste viele Experten sitzen, die von konkreten Erfahrungen berichten und viele Fragen beantworten können. Schon drei Gesprächsrunden haben seit dem Sommer in Dieburg stattgefunden: Auf den Regionalleiter Dirk Tritzschak im ersten Talk folgten die Architektin Sabine Schmidt und Wohnverbundsleiterin Sabine Seibel. Als nächstes werden und Teamleitungen, die bereits in den hessischen NRD-Regionen arbeiten, zu Gast sein und für Fragen zur Verfügung stehen.

Außerdem führt Bettina Grünewald mit jedem der drei Teams Auf der Leer Klausurtage durch. Mit einem Team war sie bislang in Zwingenberg und in Lampertheim, um die Mitarbeitenden mit den neuen Wohnverhältnissen bekannt zu machen und zum Austausch mit den KollegInnen vor Ort einzuladen. „Die Teams dort haben sehr viel erzählt, wie sie arbeiten“, berichtet Grünewald, „und Mitarbeitende aus Dieburg, die sich vorher kaum etwas Konkretes vorstellen konnten, waren begeistert.“

Corina Huppert, 25, gehört nicht zu denen, die überzeugt werden müssen: „Ich erwarte die Veränderung mit Freude“, sagt die gelernte Altenpflegerin, Teamleiterin im Haus 3 Auf der Leer. „Ich freue mich vor allem für unsere Bewohner. Auf Entzerrung, mehr Privatsphäre und Selbstständigkeit. Ich selbst möchte nicht mit zehn Anderen, die ich nicht gewählt habe, in einer Wohngemeinschaft leben. Warum sollten Menschen mit Behinderung dies wünschen?“

Auch ihre Kollegin Kamila Wojnowska, nach zwei Jahren Nachtwache seit Oktober im Tagdienst, sieht positive Veränderungen für die Bewohner kommen: „Sie sind neugierig“, meint sie, „sie wollen und können viel mehr, als sie dürfen. Es ist ein großer Schritt, aber wir werden es hinkriegen. Ich bin sehr gespannt.“

Ein großer Schritt ist es vor allem deswegen, weil viele der Bewohner bereits seit Jahrzehnten Auf der Leer leben, jeweils zu zehnt oder elft in einem der Rundhäuser aus rotem Backstein, die rund 35 Jahre alt sind. Auch wenn im Haus 1 jedes Zimmer ein eigenes Bad hat, während sich nach jetziger Planung künftig zwei Personen ein Bad teilen, sind sie an ein Leben im großen Plural gewöhnt. Künftig werden sie nicht nur eine Zimmertür, sondern auch die Tür zur eigenen Wohnung hinter sich zu machen können, sei es im Einzel-Apartment oder in der WG für zwei oder vier Personen. Wer nach Groß-Zimmern zieht, wo die NRD einen Neubau mieten wird, betritt in Zukunft seine Wohnung nicht über einen gemeinsamen Flur, sondern über einen Laubengang. Und in Babenhausen werden sich die Wohnungen über die vier Stockwerke eines Mehrfamilienhauses verteilen. Auf der Leer gibt es im Gemeinschaftshaus noch eine große Waschküche, wo die Wäsche für alle gewaschen wird. In Zukunft wird die Wäsche in der eigenen Wohnung gewaschen und es wird für den eigenen oder den WG-Kühlschrank eingekauft.

„Da wird sich die Betreuung komplett verändern“ sagt der Erzieher Marius Will, 29, seit zwei Jahren bei der NRD in Dieburg. „Ich bin eher optimistisch. Die Leute werden selbstständiger werden, wenn sie – mit Unterstützung der Mitarbeiter – ihre Wohnung selbst sauber halten müssen. Die Umstellung wird natürlich dauern.“

„Ich nehme es, wie es kommt“, hat Karlo Ludwig beschlossen. Der 60 Jahre alte Sozialpädagoge arbeitet schon seit 33 Jahren in Dieburg, lernte aber die NRD schon während seines Anerkennungsjahres kennen, das er im Haus Arche in Mühltal absolvierte.

Gerade hat er an einer Fortbildung in Basispflege in Mühltal teilgenommen. Sein Wunsch ist es, künftig in Groß-Zimmern zu arbeiten, „mit einem Klientel mit höherem pädagogischen Betreuungsbedarf.“ Wichtig ist ihm, das er weiterhin nach dem Tarif des Öffentlichen Dienstes bezahlt wird statt nach dem der AVR.HN (Mitarbeitende der Behindertenhilfe Dieburg konnten beim Übergang zur NRD wählen, ob sie ihren gewohnten TVÖD (allerdings ohne künftige Erhöhungen) behalten oder zum AVR.HN wechseln wollten. Für die einen war dieser, für andere jener günstiger).

Die Innenräume wirken gemütlich. Doch der Eindruck täuscht: Die Häuser erfüllen die Auflagen des Brandschutzes nicht mehr und etliche Menschen wohnen hier noch in Doppelzimmern.
Die Innenräume wirken gemütlich. Doch der Eindruck täuscht: Die Häuser erfüllen die Auflagen des Brandschutzes nicht mehr und etliche Menschen wohnen hier noch in Doppelzimmern.

Ebenso wie Karlo Ludwig gehört die Wohnverbunds-Assistentin Karola Wollersheim, 59, zu den altgedienten KollegInnen. Seit 2000 arbeitet sie im Sekretariat des Wohnverbundes und nimmt den Wohnhäusern noch viel Arbeit ab, die sie in Zukunft selbst erledigen müssen. Vorher war sie im Büro der Dieburger Werkstätten tätig. „Ich finde die Veränderung spannend“, sagt sie, „beim früheren Verein wurde nicht offen kommuniziert. Jetzt geht es weiter und vor allem: Es ist transparent, mit allen Themen wird offen umgegangen. Das kannten wir früher nicht so.“ Weil Vieles an Organisation künftig an die Teams übergehen wird, hat Karola Wollersheim schon jetzt kleine Assistenz-Stellenanteile für den Wohnverbund Ober-Ramstadt und das Betreute Wohnen Darmstadt-Dieburg übernommen.

Einige der kommenden Aufgaben hat Bettina Grünewald bereits an die Teams übertragen, zum Beispiel die Zuständigkeit für die Fahrzeuge: „Denn der Hausmeister, ein externer Dienstleister, sollte nicht gerufen werden, wenn das Wischwasser alle ist“, meint sie.

Voraussichtlich im August 2017 wird der Neubau in Groß-Zimmern bezugsfertig sein, 2018 die Häuser in Babenhausen und Dieburg. Ende 2017 werden Büros und Tagesstruktur aus dem Gemeinschaftshaus Auf der Leer vorübergehend in eines der Wohnhäuser umziehen. Das Gemeinschaftshaus wird als erstes niedergelegt, bevor mit dem Neubau mit 16 Plätzen begonnen werden kann. Räume für die Tagesstruktur wird es in Zukunft sowohl Auf der Leer, in Groß-Zimmern sowie auch in Babenhausen geben. „Das Haus am Rand der Fußgängerzone eignet sich dafür, die Tagesbetreuung auch für externe Nutzer zu öffnen“, sagt Dirk Tritzschak.

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