16.07.2015 | Marlene Broeckers
Text: Elvira und Thomas Hötzel
Wenn es nach uns
gegangen wäre, hätten wir schon Silberhochzeit feiern können. Wir sind seit
1971 ein Paar. Standesamtlich haben wir am 12. Juni 2008 geheiratet und in der
Kirche wurden wir am 14. Juni 2008 getraut. Die ganze Lazarus-Kirche war voll,
so viele waren dabei. Ich liebe die Elvira schon, seit ich zwölf war, damals
war sie elf Jahre alt, und wir waren beide in der Wichernschule. Da bin ich
schon hinter ihr hergelaufen, ich fand sie toll. Aber man durfte damals gar
nicht zusammen sein, noch nicht mal Händchen halten. Und in der Kirche mussten
die Buben auf der einen Seite sitzen, die Mädchen auf der anderen.
Ich durfte ja auch rausgehen, in den Wald in Richtung Eberstadt oder Darmstadt. Da habe ich dann immer Plätze ausgekundschaftet, wo wir zusammen hingehen können und wo uns niemand sieht. Wir waren noch ziemlich jung, als es zwischen uns ernst wurde. Ich habe das einer Mitarbeiterin anvertraut, und die hat zu uns gehalten und hat uns aufgeklärt. Sie hat Elvira die Pille besorgt.
Ein Beitrag aus:
Die Nieder-Ramstädter
Heime nach 1945
Herausgeber Stiftung
Nieder-Ramstädter Diakonie
Mühltal 2014, 24 Euro,
ISBN: 978-3000447112
Das Buch kann auch über unser Bestellformular bestellt werden:
1984 bin ich aus dem Haus
Magdala umgezogen in die Stiftstraße 11, da war eine Außenwohngruppe. Da haben
uns die Mitarbeiterinnen viel beigebracht. Wir haben gelernt, wie man
selbstständig wird und mit Geld umgeht. 1992 bin ich ausgezogen ins betreute
Wohnen, ich bin mit Jürgen zusammen nach Traisa, da waren wieder andere
Mitarbeiter für mich zuständig. Die eine wollte, dass ich nur Geld abheben kann
auf der Bank, wenn sie mit unterschreibt. Das habe ich dann eigenhändig rückgängig
gemacht, eine andere Mitarbeiterin hat mir geholfen. Sie hat gesagt: ‚Das
kannst du doch jetzt schon alleine‘, und wir haben einfach das Konto aufgelöst
und ein neues eingerichtet.
Die Mitarbeiter haben uns viel bevormundet. Sie wollten nicht, dass Elvira und ich zusammen sind. Sie haben versucht, uns auseinanderzubringen, das war wirklich schlimm, ich war kurz davor, mich umzubringen, das war noch im Haus Magdala. Immer wieder hieß es, wir würden zu viel streiten, und ich wäre nicht treu, und wir könnten nicht heiraten. Dabei war das doch unsere Sache. Ich habe gefragt, woher sie das denn alles wissen und warum wir es denn nicht einfach mal probieren dürfen.
Elvira ist dann 1997 auch ins betreute Wohnen gekommen, sie ist nach Traisa gezogen in dasselbe Haus, wo ich auch wohnte, einen Stock oben drüber. Da waren wir dann endlich zusammen. Seitdem geht es mir besser. Richtig toll ist es, seit wir alleine in einer Wohnung in Trautheim leben.
Aber es gibt immer noch frühere Mitarbeiter, die sich in unser Leben einmischen. Zum Beispiel eine, die mir sagt, dass ich jeden Sonntag in die Kirche kommen soll. Ich bin seit 2006 im Kirchenvorstand der Lazarus-Gemeinde. Ich meine, einmal im Monat muss ich schon zum Gottesdienst, aber nicht jeden Sonntag. Das habe ich auch im Kirchenvorstand neulich mal gesagt, dass jeder selbst entscheiden kann.
Wir sind das erste Paar im betreuten Wohnen, das geheiratet hat. Ich finde es richtig, dass sich die Gesetze geändert haben und wir auch heiraten dürfen. Jetzt haben wir einen sehr guten Assistenten, der kommt einmal die Woche zu uns, und wir besprechen Sachen, die für uns wichtig sind.
Ich genieße das Eheleben. Wir haben auch jeder eigene Interessen. Ich fahre gern Motorrad, Elvira fährt oft nach Frankfurt in den Palmengarten. Den Haushalt machen wir gemeinsam, ich bekoche meinen Schatz, und ich bin immer noch genauso verknallt in sie wie früher, stimmt’s Elvira?“ Elvira strahlt: „Ja, mein Schatz, das stimmt. Du bist mein Lieb."
Sehr schön und erfreulich! Geht sofort ins Herz!
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