26.08.2019 | Hanna Bergmann
„Eigentlich habe ich drei Jobs“, sagt Judith Anton und strahlt. Seit Oktober 2017 arbeitet die 35-Jährige in der Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD), genauer gesagt in der WG 8 des Wohnverbundes in Jugenheim. „Neben meiner Halbtagsstelle hier, bin ich aber auch noch Mama eines Fünfjährigen und schreibe (Psycho-)Thriller“, erzählt sie. Wenn sie ins Erzählen kommt, sprudelt sie nur so vor Energie und schnell wird klar: Jeden ihrer drei Jobs macht sie mit viel Leidenschaft und Engagement.
Der Weg zur NRD
Die gebürtige Siegenerin wohnt schon seit einigen Jahren mit ihrer Familie im rheinhessischen Ingelheim. Nach ihrer letzten Tätigkeit suchte sie nach einem großen und interessanten Arbeitgeber in der Region. Schnell war sie auf die NRD gestoßen, bewarb sich und wurde Teil des Mitarbeiter*innen-Teams im „Franz-Josef-Helferich-Haus“ in Jugenheim. Inzwischen ist die Diplom-Heilpädagogin seit zehn Jahren im Berufsleben und hat sich voll und ganz der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigung verschrieben.
Eintönige Routine? Bei ihrer Arbeit Fehlanzeige. „Ich mag es, dass kein Tag ist wie der andere“, sagt Judith Anton und beschreibt: „Man kommt zum Dienst und weiß nie, wer wie drauf ist. Wir arbeiten
eben mit Menschen mit den unterschiedlichsten körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen.“ In der WG 8 leben zwölf Menschen, insgesamt sind hier zehn Mitarbeiter*innen, immer im Zweier-Team, im Schichtsystem tätig. Judith Anton ist also immer für je sechs Bewohner*innen da und unterstützt sie,
wo nötig: Sie hilft beispielsweise beim Heraussuchen der passenden Kleidung, übernimmt pflegerische Tätigkeiten, schaut nach Sonden und Sauerstoffgeräten, überblickt die Medikation und zaubert
den Bewohner*innen einen Toast Hawaii oder Ähnliches, wenn diese nach einem Arbeitstag in der Tagesförderstätte oder der Rheinhessen-Werkstatt nach Hause kommen. „Manchmal ist das schon viel
auf einmal. Gerade nach der Arbeit haben alle erst mal ganz unterschiedliche Bedürfnisse, auf die es sich einzustellen gilt“, erklärt die sportliche junge Frau, die gerne Shirts, Jeans und Sneakers trägt. „Ich muss dann schauen, wem was gut tut, bei jemandem mit Autismus beispielsweise sorge ich erst mal für eine
möglichst ruhige Umgebung.“
In der Freizeit Thriller-Autorin
Als Ausgleich zu diesem mitunter fordernden Job hat Judith Anton für sich das perfekte Hobby gefunden. In ihrer Freizeit schreibt sie, wann immer sie es einrichten kann, an ihren Büchern. Dabei hat sie sich auf das Genre der Thriller und Psychothriller festgelegt und inzwischen schon zwei Bücher fertig gestellt – das
dritte Manuskript ist schon in Arbeit. Um ihre Werke voranzubringen, schnappt die Autorin ihren Laptop, geht in ihr Lieblingscafé und schreibt – bis zu sechs Stunden am Stück. „Ich kann dabei alles um mich herum ausblenden, das tut oft richtig gut.“ Judith Anton hat schon als Kind gerne geschrieben und sich
Geschichten ausgedacht. Bis zu ihrem ersten Buch sollte es aber ein paar Jahre dauern: Diesen März ist ihr Debüt „Brennende Federn“ erschienen. „Ich habe ungefähr drei Jahre daran geschrieben.
Die Idee dazu war irgendwann einfach da und von da an wusste ich genau, wie ich das angehe.“ Auch das zweite Buch ist inzwischen fertig und wird voraussichtlich Ende des Jahres erscheinen. Ob auch etwas aus ihrem Alltag und der Arbeit in den Büchern steckt? „Alle Figuren aus meinen Büchern habe ich so
oder so ähnlich schon mal gesehen und dann verschiedene Eigenheiten kombiniert. Eins zu eins etwas aus dem ‚echten Leben‘ habe ich aber niemand übernommen“, erklärt die Autorin. „Mich fasziniert
die menschliche Psyche und wozu der Kopf in der Lage ist. Mein Wissen aus dem Studium und meiner Tätigkeit in der NRD fließen beim Schreiben natürlich mit ein.“ So verwundert es auch nicht, dass „Brennende Federn“ in der Psychiatrie spielt. Die Geschichte erzählt von dem 36-jährigen Jakob. Er findet sich nach einem Selbstmordversuch in der geschlossenen Psychiatrie wieder und wird nach und nach mit dunklen Geheimnissen aus seiner Vergangenheit konfrontiert. Im Laufe der Handlung enthüllt sich ein perfides Spiel, das alles, woran Jakob bisher glaubte, in Frage stellt. Doch mehr sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Schließlich freut sich Judith Anton auf zahlreiche Leser*innen.
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