Wenn Sie hier klicken, erlauben Sie die Anzeige des Spendenbuttons. Datenschutzinformationen

Werkstätten: Es geht um mehr

16.12.2022 | Joachim Albus

Autor

$author

Joachim Albus

Joachim Albus arbeitet als Pressereferent und Texter für die NRD.

Werkstätten: Es geht um mehr

„Werkstätten für behinderte Menschen ermöglichen oft keine tatsächliche Inklusion!“, so lautet die Kritik. Dass oft das Gegenteil zutrifft, zeigen Beispiele aus der NRD.

Auch hier hat die Medaille zwei Seiten. So ist es hinsichtlich des Inklusionsgedankens problematisch, dass Beschäftigte einer WfbM nicht den Arbeitnehmer*innen des sogenannten „Ersten Arbeitsmarktes“ gleichgestellt sind. Ihre Arbeit gilt – zumindest am Anfang – als Rehabilitationsmaßnahme und wird weit unter Mindestlohn vergütet. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass viele Beschäftigte kaum jemals in der Lage sein werden, irgendwann in den „Ersten Arbeitsmarkt“ zu wechseln, wen sich die Wirtschaft nicht grundlegend verändert.

Neben einem geregelten und strukturierten Leben dienen die Werkstätten einem viel tieferen Sinn: „Die Leistung der Werkstatt ist es, ein Grundrecht zu verwirklichen: Jeder Mensch hat das Bedürfnis und das Recht, gebraucht zu werden“, konstatiert Reinhard Saal von den Dieburger Werkstätten. Die berufliche Alltagswelt der Werkstätten ist in besonderer Weise an die Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst. Siegfried Hennrich, Leiter des Bereichs Arbeit, betont das breite Arbeitsangebot, das die NRD den Beschäftigten machen kann: sei es der Sonnenhof, die vielen Tagesstätten, die Kunstwerkstatt, der Garten- und Landschaftsbau, die Wäscherei- und Textilverarbeitung oder die Mailing- und Digitalisierungsgruppe. Immer werde versucht, individuell auf das Können und das Interesse der Menschen einzugehen, um ihnen die bestmögliche Arbeit zu geben. Er sieht die Werkstätten – wie viele seiner Kolleg*innen – durchaus als mögliches Sprungbrett „nach draußen“.

„Für viele Beschäftigte steht die Gemeinschaft, die Teilhabe am Leben im Mittelpunkt“, bringt es Siegfried Hennrich auf den Punkt. Unterstützung bekommt er von seinem Kollegen Günter Rose: „Bei uns auf dem Sonnenhof hat sich im Lauf der Zeit eine tolle Gemeinschaft gebildet: Es wird zwar auch ab und an gestritten, aber wir singen auch mal beim Arbeiten und lachen viel. Ich sehe, wie der Job den Menschen hier Spaß macht. Genau wie mir.“

Reinhard Saal (im grünen Hemd) begleitete Jan Scheuermann auf seinem beruflichen Weg
Reinhard Saal (im grünen Hemd) begleitete Jan Scheuermann auf seinem beruflichen Weg

Erfolgsgeschichten aus der NRD

„Gelingende Inklusion hat eine besondere Bedeutung in Krisenzeiten. Trotz – und vielleicht auch wegen – Corona-, Energie- und Klima-Krise werden Beschäftigte aus den Werkstätten in unserer Wirtschaft benötigt. Fast zehn Prozent der Mitarbeiter*innen unserer Werkstätten arbeiten bereits in sogenannten Betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen (im Sinne des Sozialgesetzbuchs). Tendenz steigend“, erklärt Reinhard Saal, Fachdienst Berufliche Integration von den Dieburger Werkstätten.

Tatsächlich gab es schon mehrere Übernahmen von NRD-Werkstatt-Beschäftigten in vollwertige Arbeitsverhältnisse. 2021 waren das Daniel Hiemenz (Bauhof Dieburg) und Nadine Lindner (Seniorendienstleistungs GmbH Gersprenz), wie die „NRD bewegt“ berichtete. Sowohl Hiemenz als auch Lindner sind nach wie vor glücklich über ihren Erfolg, wie sie ein Jahr später berichten, arbeiten unverändert an ihren Arbeitsplätzen und sind voll in ihren Teams integriert und beliebt.

Ein weiterer Beschäftigter, den die NRD jetzt in ein Arbeitsverhältnis begleiten kann, ist Jan Scheuermann. Er hat den Berufsbildungsbereich der Dieburger Werkstätten erfolgreich absolviert. In seinem Praktikum lernte er seinen künftigen Arbeitgeber kennen: Thomas Schaffer, Bio-Bauer auf dem Birkenhof Klein-Zimmern. Jan Scheuermann wird unter anderem im Bio-Hof-Laden und in der Verpackung von Bio-Hühnereiern arbeiten. Unterstützer Reinhard Saal freut sich: „Es ist immer auch ein kleines Glücksgefühl für die Fachdienste, jemanden bei einem solchen Erfolg zu begleiten. In diesem Fall ist zudem die besondere Qualität des Arbeitsplatzes bemerkenswert: nachhaltige Landwirtschaft und gelebte Inklusion.“ Übrigens, der Hofladen, in dem Jan Scheuermann arbeitet, bezieht seine Milch vom NRD-Sonnenhof.

Finanzielle Förderung

Finanziell gefördert wird der Arbeitsvertrag im Rahmen des "Budgets für Arbeit" (nach Bundesteilhabegesetz) und des „Hessisches Perspektivprogramms zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen“ (HePAS). Die Förderung wurde bei einem "Runden Tisch" auf dem Birkenhof bei Jan Scheuermanns künftigen Arbeitgeber Thomas Schaffer besprochen. Außerdem waren Vertreter des Landeswohlfahrtsverbands und des Integrationsamtes dabei.

Jan Scheuermann hat nach eigenem Bekunden seinen Wunsch-Arbeitsplatz gefunden. „Ich freue mich sehr auf meine neue Arbeit!“, sagt er sichtlich aufgeregt und lacht. Das Team, in dem er arbeitet, ist nett, bestätigt Reinhard Saal: „Mir sagte schon im Praktikum eine Verkäuferin im Hofladen: ,Wir wollen den Jan behalten.‘ Der Birkenhof bekommt einen guten Kollegen, auf den die Werkstatt nicht gerne – aber trotzdem voller Freude – verzichtet.“ Die guten Wünsche des Teams der Dieburger Werkstätten begleiten Jan Scheuermann.

Auch wenn die Begleitung von Werkstatt-Beschäftigten in den Ersten Arbeitsmarkt eines der wichtigsten Ziele des Bereichs Arbeit bleibt – der tatsächliche Wert der Werkstätten lässt sich am besten vor Ort erfahren: im Miteinander und im Gespräch mit den dort beschäftigten Menschen. „Ihr Engagement, ihr Einsatzwille, ihre Freude bei der Arbeit und die Tatsache, dass sie durch die Unterstützung der Werkstattleitung eine Perspektive zur Teilhabe am Arbeitsleben haben – das ist der Wert der Werkstätten“, formulierte einmal der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V. (BAG), Martin Berg. Die oft gestellte Kosten-Nutzen-Frage wird der Diskussion nicht gerecht. Es geht um mehr.

Foto: Jan Scheuermann arbeitet seit dem 1. Oktober bei einem Bio-Bauern in Klein-Zimmern

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar zu dieser Seite

Antwort auf:  Direkt auf das Thema antworten

Jetzt Spenden

Menschen mit Behinderung brauchen Ihre Hilfe!

 
  • Inklusion...

    ... heißt für mich, dass alle teilhaben. Es muss nicht immer alles perfekt sein, damit behinderte Menschen teilhaben können. Statt einer Super-Rampe tut es auch ein Stück Sperrholz. Und wenn das auch fehlt, kann man mich auch gerne mal über die Schulter werfen und irgendwo hinein tragen.

    Inklusion...
    Tobias Koch
Stiftung Nieder-Ramstädter Diakonie

© Stiftung Nieder-Ramstädter Diakonie
Bodelschwinghweg 5  -  64367 Mühltal  -  Tel.: (06151) 149-0  -  Fax: (06151) 144117  -  E-Mail: info@nrd.de

Datenschutzhinweis

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Bei Cookies unserer Partner (z. B. Altruja für Spenden) können Sie selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen. Datenschutzinformationen